Die Zeiten sind rau für die Werbebranche. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Werbetreibende ihre strategische Herangehensweise an digitale Werbung fortwährend anpassen. Die Komplexität des datengetriebenen Marketings ist in den letzten Jahren stetig gestiegen und wird sich in den nächsten Monaten weiter fortsetzen. Markenstrategen stehen Herausforderungen gegenüber.
Wenn Cookies zerbröseln, kann es teuer werden – insbesondere, wenn die Zielgruppen auf Apple Geräten zu finden sind
Dass Cookies zunehmend unzuverlässig werden, ist keine neue Entwicklung – allerdings eine, die sich immer weiter zuspitzt. Die Mitteilung von Google, die Unterstützung von Third-Party-Cookies in Chrome innerhalb der nächsten zwei Jahre einzustellen, sorgt zu Jahresbeginn für reichlich Aufruhr in der Werbebranche. Google zieht mit der Entscheidung anderen Browsern wie Safari und Firefox nach, die standardmäßig bereits jetzt den Einsatz von Third-Party-Cookies einschränken. Abgelehnte und automatisch gelöschte Cookies haben weitreichende Folgen für das Targeting. Marketingverantwortliche haben keinen Zugang zu Daten auf Geräten, die keine Third-Party-Cookies akzeptieren, sodass diese Nutzer im offenen Web meistens von ihnen unberücksichtigt bleiben – cookielose Nutzer werden von vielen Demand-Side-Platforms (DSPs) einfach ignoriert. Bislang sind deshalb insbesondere Apple- und Safari-Nutzer in der Mediaplanung unterrepräsentiert.
Eine wenig diskutierte Folge hoher Cookie-Ablehnungsraten ist der erheblich höhere eCPM für Nutzer, die Cookies akzeptieren. Da Cookie-Skeptiker von DSPs außen vor gelassen werden, jagen letztlich alle Marken für das Retargeting und andere Cookie-basierten Taktiken dem gleichen, immer geringeren Inventar hinterher. Verlassen sich Marketingverantwortliche auf die Auto-Optimierungsfunktion ihrer DSPs, und die Technologie sieht keine Conversions von Apple- und Safari-Nutzern, optimiert sie noch weiter von diesen Geräten weg. Das passt dann, wenn Markenverantwortliche tatsächlich davon ausgehen, dass diese Nutzergruppe nicht am Kauf ihrer Produkte interessiert ist – für die Mehrheit der Marken dürfte dies jedoch nicht der Fall sein.
In der Zukunft wird es noch wichtiger, konsequent gegen dieses Ungleichgewicht vorzugehen. Schon jetzt sollten Marketingverantwortliche z.B. über soziale Medien oder bestimmte Apps ins iOS- und Safari-Universum vorstoßen. Sie können es sich nicht leisten, im Blindflug dem Automatisierungsprozess die Kontrolle zu überlassen. Versierte Marketingexperten in Europa haben längst verstanden, dass der drastisch niedrigere eCPM für Safari-Inventar eine Gelegenheit bietet – besonders in Anbetracht der demographischen Tendenz der Apple-User – sofern sie Messmethoden anwenden, die den offensichtlichen Wert dieses Inventars nachweisen.
Täglich grüßt der Datenschutz
Die DSGVO hat die Branche im vergangenen Jahr bereits ordentlich durchgerüttelt, nun wird die E-Privacy-Verordnung mit Spannung erwartet. Fest steht, die rechtlichen Einschränkungen bei der Generierung, dem Kauf und der Nutzung von Konsumentendaten werden weiter zunehmen. Folglich werden Marketingverantwortliche gut beraten sein, Datensätze mit First-Party-Daten aufzubauen, die sie durch die Auslieferung interessanter Produkte und eine durchdachte Herangehensweise an ihre Technologie-Dienstleister generieren können.
Der Trend zur Einschränkung von Konsumentendaten nimmt Werbetreibende in die Pflicht, strategischer vorzugehen. First-Party-Daten können sie nicht kaufen, darum müssen sie sich die Nutzerzustimmung verdienen, um Daten zu erheben. In der von der Cookie-Synchronisierung gesteuerten programmatischen Buchung ist es jedoch schwierig, diese Daten zu aktivieren, Third-Party-Daten sind dort von Natur aus maßgeblich. Der Aufbau eines First-Party-Datensatzes fängt damit an, Konsumenten durch Waren oder Dienstleistungen einen echten Gegenwert für ihre Daten zu bieten. Werbetreibende sollten zunehmend wie Content-Anbieter denken und kreativ an die Entwicklung spannender Inhalte herangehen. Die Inhalte sollten über reine Marketingbotschaften hinausgehen und sind im Idealfall geeignet, Nutzer auf die Webseite der Marke zu leiten, wo sie im Gegenzug ihre Nutzerdaten hinterlassen. Diese direkte Beziehung zwischen Marke und Konsument bildet die Basis einer zukunftsorientierten Datenstrategie.
Wie können Marketingverantwortliche den Herausforderungen begegnen?
Es erfordert einige Überlegung und Planung, Kampagnen und die eigenen Ad-Tech-Anbieter so umzustrukturieren, dass ein nachhaltiger Lösungsansatz gefunden wird, erst so wird das datengetriebene Marketing zukunftsfähig:
1. Neue Methoden, um Identitäten zusammenzuführen
Der Wegfall der Cookies hat bereits verschiedenste Alternativlösungen hervorgebracht, um Nutzeridentitäten zu messen, z.B. die Unified ID von The Trade Desk, LiveRamp oder die FTrack ID von Flashtalking. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich eine Lösung als universelles Allheilmittel herausstellen wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Marketingexperten für unterschiedliche Anwendungsfälle mehrere IDs zusammenführen müssen. Die Herausforderung wird darin bestehen, diese so einzusetzen und zu verknüpfen, dass die erforderlichen Verbindungen hergestellt werden können, ohne den Datenschutz zu verletzen. Genau das ist aber die Voraussetzung, um die Verbindung von Werbemittelkontakt und Nutzerverhalten zu verstehen.
2. Besserer Content
Marketingverantwortliche müssen verstärkt in Content-Strategien denken und investieren. Abgesehen von Direct-to-Consumer-Marken, deren Geschäftsmodell voraussetzt, dass Nutzer persönliche Daten zur Verfügung stellen (z.B. Handels- oder Dienstleistungsunternehmen), ist Content höchstwahrscheinlich der primäre Wert, den die meisten Marken für persönliche Daten bieten können. Hochwertigen Content zu entwickeln, ist lediglich der erste Schritt. Die Verbreitung des Contents über die sozialen Medien und Native Advertising sollte ebenso Teil der Markenidentität werden. Wird dies erfolgreich umgesetzt, führt das Engagement zu einem robusten First-Party-Datensatz, der eine wertvolle Basis für Marketingaktivitäten über alle Kanäle hinweg bietet und Werbetreibende vom schwindenden Angebot an Third-Party-Daten unabhängig macht.
3. Vertrauen aufbauen
Neue Datenschutzrichtlinien machen es Nutzern leichter denn je, sich per Opt-Out der Markenkommunikation zu entziehen. Werbetreibende müssen ihr Vertrauen daher auf andere Weise als zuvor gewinnen: mit Transparenz. Für Konsumenten muss nicht nur das Produkt oder die Dienstleistung der Marke glaubwürdig sein, sondern auch ihr Umgang mit dem Datenschutz. Sie erwarten, dass Marken transparent kommunizieren, wie sie Nutzerdaten sammeln und verwenden – und dass diesen Worten entsprechende Taten folgen. Um das Konsumentenvertrauen zu gewinnen und eine tiefere Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen, haben Werbetreibende keine Alternative zur Offenheit.
Werbetreibende sind heute mit schwerwiegenden Veränderungen konfrontiert, die an den Grundsätzen des datengetriebenen Marketings rütteln. Obwohl sie kaum Einfluss darauf nehmen können, heißt das jedoch nicht, dass Marketingverantwortliche ihnen machtlos ausgeliefert sind. Vielmehr müssen neue Strategien her, um die Zielgruppen zu erreichen.
Marketingexperten machen sich bereit, ihre Abhängigkeit von Third-Party-Cookies zu überdenken, kreativ mit Konsumenten zu interagieren und einen Plan zu entwickeln, wie sie langfristig deren Vertrauen aufbauen können.
Geschrieben von John Nardone, CEO
Ursprünglich von W&V veröffentlicht